In diesem Jahr trat das novellierte Teilhabe- und Integrationsgesetz NRW in Kraft. Seit Beginn des Jahrtausends beschäftigt man sich inzwischen mit der Interkulturellen Öffnung der Verwaltung (IKÖ). In den Kommunen und Landesverwaltungen sind längst Menschen mit der Sensibilisierung, der Umsetzung und der Modifikation von Personalmanagement beschäftigt. In NRW setzt das neue Kommunale Integrationsmanagement (KIM) Maßstäbe. Auch von Seiten der Bundespolitik waren die Signale für die Forderung nach und Förderung von IKÖ noch nie so stark und eindeutig. Daneben zeigt sich, dass wir endlich in unserem Land - vor allem mit Betroffenen - offener über Diskriminierung, Fremdenfeidlichkeit und die Ablehnung von Zugewanderten reden können. Das Bewusstsein für Teilhabe und einen Dialog auf Augenhöhe wächst. Zugleich zeigen sich Widerstände. Gegen das Landesantidiskriminierungsgesetz Berlin, das u. a. die Klage gegen Akteure aus der Verwaltung/Polizei nach einer Diskriminierung zulässt, protestierte z. B. die Polizeigewerkschaft 2020 wegen des Risikos eines "Generalverdachts" mit der Forderung an Innenminster Reul (NRW), keine Polizisten mehr nach Berlin zu schicken (unseren Impuls dazu finden Sie unter "gut zu wissen"). Aus der Bandbreite der Perspektiven entstehen also Herausforderungen, die es positiv zu bewältigen gilt. Es gibt nach wie vor viel zu tun. Angesichts der (verwaltungs)strukturellen und gesellschaftlichen Entwicklungen verschieben sich gerade Weiterbildung-, Beratungs- und konzeptionelle Angebote, um mit dieser Entwicklung mitzuhalten und Akteuren Orientierung zu geben. Für die kritische Selbstreflexion und die notwendigen Veränderungsprozesse benötigen Verwaltungen Impulse und Informationen - z. B. über digitale Möglichkeiten, angepasste Kommunikations- und Kollaborationsformen und Instrumente, mit denen ein Mehr an Verbindlichkeit und Commitmet entstehen kann (z. B. Leibilder, Diversity-Konzepte). Anlässlich einer Fachtagung des Siegelverbunds Rhein-Sieg haben wir uns am 3. Februar 2022 der Thematik mit einer Keynote angenommen. Die Präsentation ist hier abrufbar.
Am 4. November 2011 erschießen sich in Eisenach die Rechtsextremisten Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in ihrem Wohnmobil. Ihre Komplizin Beate Zschäpe lässt daraufhin die gemeinsame Wohnung in Zwickau explodieren, verschickt Bekennerschreiben und veröffentlicht das so genannte Paulchen Panther-Video. In dem tritt, wie auch durch die nachfolgenden Ermittlungen, das ganze Ausmaß rechten Terrors zu Tage, der schon zehn Jahre lang in Deutschland unentdeckt sein Unwesen treiben konnte: Zahlreiche Banküberfälle, zehn Morde an Mitbürgern mit migrantischen Wurzeln und an einer Polizistin - über ganz Deutschland verteilt.
Nicht nur die Hinterbliebenen der Opfer bemängeln, dass der langjährige Prozess den Hintergrund, d. h. das Wirken des Netzwerks aus Helferinnen und Helfern, nicht aufklären konnte. Es ist nur schwer nachvollziehbar, wie sich die Taten ohne Orts- und Insiderwissen in dieser Form planen und begehen ließen. Unbegreiflich erscheint im Rückblick die Einseitigkeit, mit der Polizei und Staatsanwaltschaft ermittelten - schon die Wortwahl zum Namen der Ermittlingsgruppe (Bosporus) lässt keinen Zweifel daran, dass hier Biases wirkmächtig für Verzerrung und auch für die Jahre dauernde Diskriminierung der Hinterbliebenen und der Menschen in deren Lebensumfeld sorgten.
Es lohnt sich, den über 800 Seiten langen Bericht (ohne Anlagen und Anträge) des Untersuchungsausschusses zu studieren, der für Nordrhein-Westfalen die ganze Bandbreite des Versagens der Ermittlungsbehörden offenbart. Dort heißt es u. a.:
"Es müssen dringend Maßnahmen ergriffen werden, dass sich ein solches Versagen der Ermittlungsbehörden nicht wiederholt. Dafür ist zunächst notwendig, dass auch Polizei und Staatsanwaltschaft erkennen, dass die Ermittlungen völlig unzureichend waren. Solange diese jedoch weiter darauf beharren, im Wesentlichen alles richtig gemacht zu haben, wird keine Aufarbeitung der Fehler stattfinden. Weiter ist notwendig, dass auch innerhalb der Behörden der vorhandene institutionelle Rassismus erkannt wird, die Ursachen dafür ausfindig gemacht und benannt werden und anschließend entschieden dagegen vorgegangen wird.
2. Ermittlungen nach 2011
Zahlreiche Versäumnisse haben dazu geführt, dass die schrecklichen Taten des NSU nicht verhindert werden konnten. Nach dem Bekanntwerden des NSU wurde den Opfern und ihren Angehörigen von verschiedenen staatlichen Stellen größtmögliche Aufklärung versprochen. Es muss jedoch festgestellt werden, dass diesem Versprechen von staatlicher Seite nicht ausreichend nachgekommen wurde.
a. Ermittlungsbehörden
Nicht nachvollziehbar ist, warum sich die ermittelnden Behörden sehr schnell darauf festgelegt haben, dass dem NSU lediglich drei Personen angehörten. Dagegen spricht schon das Video, mit dem sich der NSU zu den Taten bekennt. Darin heißt es gleich zu Beginn, dass es sich bei dem NSU um ein Netzwerk von Kameraden handele. Ein Netzwerk bestehend aus drei Personen ist jedoch nur schwer vorstellbar. Zumindest aus den ersten Jahren nach dem „Abtauchen“ des NSU liegen außerdem auch eine Fülle von Informationen dazu vor, dass zahlreiche Personen in die Unterstützung von Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe eingebunden waren. Bis zum Bekanntwerden des NSU gab es Personen, die Kontakt zu den Dreien hatten. Zu keinem Zeitpunkt handelte es sich um eine von dem Rest der Szene isolierte Gruppe", Schlussbericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses III NRW, vom 4. Nov. 2017, S. 787-788.
<< Neues Bild mit Text >>
Im Herbst 2020 beteiligten sich fünf NRW-Landesbehörden an einer Befragung zu den Erfahrungen mit mobiler Arbeit, also mit der Arbeit im Homeoffice. Über 85 Prozent der Befragten wünschen sich eine Ausweitung. Als Hauptgründe werden häufig der Wegfall von Belastungen und die Vereinbarkeit von Freizeit, Familie und Beruf angegeben. Aber es gibt auch Personengruppen, die sich weniger gut an die neuen Verhältnisse anpassen. Bei aller Euphorie sollte das Risiko für Entgrenzung und Destabilisierung der Teambindung nicht unterschätzt werden. Wenig überraschend: Führung ist ein Schlüsselfaktor. Fehlt digitale Führungskompetenz, hat das negative Auswirkungen auf Teamqualität und das Belastungsniveau. Forschungsbericht (07|2021).
Vor 45 Jahren - Die Streife meldet: "Jeder 10. Polizist ist eine Frau"
Die einzige Frau in der Mitte des Bildes ist Polizistin. Es handelt sich um Hildegard Schmitz-Dumont, die bereits 1947 ihren Dienst bei der Weiblichen Kriminalpolizei (WKP) in Köln aufnahm. Obwohl seit 1966 Frauen jenseits der WKP für den gehobenen Polizeidienst ausgebildet werden konnten, wurde bis in die 1970er hinein intensiv über das Berufsbild der Frauen in der Polizei diskutiert. Zeitzeugeninterview und mehr Informationen hier.
1985 - Brockdorf-Beschluss stärkt Versammlungsrecht
Das Bundesverfassungsgericht listet auf seiner Website Meilensteine der deutschen Rechtssprechung auf. Für 1985 weist es den so genannten Brockdorf-Beschluss als einen solchen Meilenstein aus. "Die staatlichen Behörden sind gehalten, nach dem Vorbild friedlich verlaufender Großdemonstrationen versammlungsfreundlich zu verfahren und nicht ohne zureichenden Grund hinter bewährten Erfahrungen zurückzubleiben. Je mehr die Veranstalter ihrerseits zu einseitigen vertrauensbildenden Maßnahmen oder zu einer demonstrationsfreundlichen Kooperation bereit sind, desto höher rückt die Schwelle für behördliches Eingreifen wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit." Beschluss vom 14. Mai 1985 - 1 BvR 233/81 u.a. - BVerfGE 69, 315. Für die Polizei bedeutet das Kooperation, aber auch Koordinierung und ein ausgefeiltes Management. Diesen Aspket greift unser Impuls für Oktober 2020 auf. Brockdorf-Beschluss kurz erklärt. Impulse.
1980 - Dr. Herbert Schnoor wird Innenminister der Landes Nordrhein-Westfalen
Kaum ein Innenminister erfuhr so viel Anerkennung und Würdigung wie Dr. Herbert Schnoor. Als Innenmminister mit der längsten Amtszeit in Nordrhein-Westfalen (1980-1995) gilt Schnoor als Gestalter zahlreicher Prozesse. Im Umgang mit dem Anschlag in Solingen bewies Schnoor professionell wie menschlich eine vorbildliche Vorgehensweise.
Wir wollen keine innere Sicherheit um den Preis der Verdächtigung von jedermann als potentiellem Rechtsbrecher.
Wir wollen keine innere Sicherheit um den Preis der totalen Ausforschung des Menschen.
Wir wollen keine innere Sicherheit um den Preis allseitiger Unterdrückung von Protesten junger Menschen. lhre Ungeduld kann dafür sorgen, daß uns Demokraten nicht die Beine einschlafen.
Wir wollen aber auch keine innere Sicherheit um den Preis eskalierender Gewalt in der Gesellschaft, indem der Staat auf Gewalt immer nur mit Gewalt antwortet. Dr. Herbert Schnoor, 1981
*mehr zum Thema finden Sie unter Impulse + Exkurse..
Mehr Impulse? Hinter "Polizei(er)Leben - 2015" geht´s weiter!
Polizeigeschichte greifbar machen und unterhalten. Das war das Ziel des Projektes "Polizeihistorischer Kalender" (2015 für die FHöV NRW erstellt und publiziert). Nachvollziehen können, was Polizistinnen und Polizisten erleben, was beeindruckend ist an einem Polizisten/innen-Leben, wie der Polizeialltag in den zurückliegenden Jahrzehnten gelebt wurde und wie das alles die Gegenwart prägt.
Entdecken Sie hier die Geschichten und Geschichte der Polizei NRW kompakt und unterhaltsam!
Hinter jedem Bild versteckt sich eine Geschichte und eine Chronik zum Thema.
Gute Vornahme für´s neue Jahrzehnt - Kill the stupid rule!*
Wagen Sie das Experiment, stellen Sie ihre eingeübten Routinen auf die Probe. Wann ist eine Regel überflüssig, wann kostet sie einfach nur Zeit oder verhindert sogar, dass man alternative Vorgehensweisen etabliert, die sich besser zur Zielerreichung eignen? "Kill the stupid rule" ist als Methode gar nicht so neu. Unter dem Einfluss von "New Work" wächst allerdings ihre Bedeutung. Die Methode steht häufig am Anfang von Innovationen und eignet sich dazu, gerade im Administrationsdschungel kräftig aufzuräumen und dabei Beschäftigte und Betroffene mit ihrer Expertise glaubwürdig mitzunehmen. Schritt 1: alle sammeln - z.B. als Tandem - auf Post-Its in fünf bis zehn Minuten so viele Regeln wie möglich, die man am besten ändern sollte. Schritt 2: Die Post-Its werden anonym an eine Pinwand geheftet. Schritt 3: in vorzugsweise heterogen zusammengesetzen, kleinen Gruppen werden Alternativen erarbeitet. Was uneffektiv ist, fliegt ganz raus.
Zur Zeit werden in Verwaltungen vermehrt so genannte "Geschäftsprozesse" beschrieben. Das ist sinnvoll und u.a. Vorausetzung für die spätere Digitalisierung von Arbeits- und Kommunikationsprozessen. Typische Prozessschritte werden visualisiert (z.B. als Flussdiagramm oder anschauliche Infografik). Machen Sie sich keine Illusionen: das sieht nicht nur schön aus und hilft dabei, sich schnell zu orientieren: "Wie bearbeite ich einen Vorgang richtig?", es geht auch um die Standardisierung von Abläufen und um Controlling - potenziell leider auch um den Verlust von individuellen Gestaltungsfreiräumen, die wichtig für Motivation und Identifikation sind. Verzichtet man auf einen Schritt, der, wie die beschriebene "Kill the stupid rule"- Methode, Routinen kritisch hinterfragt oder werden entsprechende Geschäftsprozesse sogar top-down vorgegeben, können suboptimale Prozesse betoniert werden. Wenn Geschäftsprozessbeschreibungen Banalitäten abbilden oder Inflexibilität fördern, geraten sie zum Selbstzweck eines falsch verstandenen Qualitätsmanagements. Wird die Methode als Führungsinstrument missbraucht, indem sie statisch "richtige" Bearbeitungswege vorschreibt, muss man sich nicht wundern, wenn sich gerade die engagierten und intrinsisch motivierten Beschäftigten verweigern.
*mehr zum Thema finden Sie unter Gut zu wissen.
9. November 1989
Als sich in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1989 im Stadtgebiet Berlin nach und nach die Grenzübergänge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik öffneten und immer mehr Menschen die Staatsgrenze passieren konnten, war das Ende der DDR besiegelt. Im kollektiven Sprachgebrauch als „Wende“ oder „friedliche Revolution“ tituliert, als „wahnsinniger“ Moment der jüngsten deutschen Geschichte erinnert, entzieht sich der Fall der Berliner Mauer, was seine Vorgeschichte, den tatsächlichen Ablauf und die unmittelbaren und langfristigen Folgen angeht, einfacher Beschreibungen und Erklärungen. Zu den Fakten gehört, dass - im Einigungsvertrag der beiden deutschen Staaten am 31. August 1990 festgelegt - die DDR am 3. Oktober 1990 der Bundesrepublik gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes beitrat. „Es ist ungewöhnlich, dass sich ein Staat freiwillig aus der Geschichte verabschiedet“, kommentierte Lothar de Maizière, der damalige Ministerpräsident der DDR das Geschehen in einer Fernsehansprache. „Ebenso unnatürlich und widerwillig war aber auch die Teilung unseres Landes.“ Die Freude über die neu gewonnenen Freiheiten mischte sich bei den Bürgerinnen und Bürgern der DDR schnell mit Unsicherheit darüber, was nun auf sie zukommen würde. Die Enttäuschung der oft allzu großen Hoffnungen und Erwartungen ließ nicht sehr lange auf sich warten, die sich rasch vollziehenden Veränderungen griffen auch massiv in das private Leben der Menschen ein.
Sie möchten mehr erfahren*? Hier in unserem Historischen Fenster!
Das Neue Steuerungs- und Führungssystem der Polizei NRW wird 20
Der Innenminister NRW Dr. Fritz Behrens gibt auf einer Tagung am 10. und 11. November 1999 bekannt, dass im Rahmen des „Steuerungs- und Führungssystem“ ein komplexer Reformprozess in Gang gesetzt wurde, der konkrete Einzelmaßnahmen wie „Dezentrale Ressourcenverantwortung“, „Budgetierung“, „Zielvereinbarung“, „Outputsteuerung“ und „Controlling“ miteinander verknüpft. .Daneben stehen auch Personal- und Organisationsentwicklung sowie Qualitätsmanagement im Mittelpunkt. Das Neue Steurungssystem hat die Polizei NRW verändert.
Sie wollen mehr erfahren? Lesen Sie unser Historisches Fenster.
Vor 44 Jahren - Gründung der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW
2019 erreicht die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW einen Höchstand bei den Studierendenzahlen -12.000 junge Menschen werden im WS 2019/2020 an 9 Standorten in Nordrhein-Westfalen studieren. Damit ist die Fachhochschule die größte ihrer Art in Europa.
Vor 44 Jahren - im Jahr 1975 - wurde die Hochschule gegründet. Im August 1976 nahmen die ersten 159 Anwärter und 95 Anwärterinnen (nur Kriminalpolizei) ihr Studium im Studiengang Polizei auf. Nur 7% der Polizei-Anwärter*innen hatten 1975 das Abitur, die allermeisten einen Volksschulabschluss. Der Anspruch an eine hochschulische Ausbildung war mit Blick auf spätere Führungspositionen hoch: "Autorität, fachliches Können und - auch das muss gesagt werden - die gesellschaftliche Stellung der Führungskräfte der Polizei lassen sich nicht durch Uniform und Rangabzeichen schaffen. Anerkennung im Dienst und in der Öffentlichkeit wird nur der Beamte finden, der die Welt ohne Scheuklappen betrachtet, der einen weiten Horizont hat, der auch auf dem Gebiet der Kultur und der Bildung auf der selben Stufe steht, wie die Angehörigen vergleichbarer, gehobener Berufe", Die Streife 19/1977.
Mehr finden Sie hier.
Die Bundesregierung modifiziert den Radikalenerlass von 1972
Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten. Aber woran kann man erkennen, ob jemand, der Beamtin
oder Beamter werden möchte, oder es schon ist, diese Pflicht zur Loyalität tatsächlich zu erfüllen bereit ist? Selbstverständlich dürfen auch Beamtinnen und Beamte frei und geheim wählen und Mitglied
einer Partei sein. Gibt es Grenzen? Aus der historischen Forschung weiß man, dass in den 1960er Jahren einige Hundert Staatsdienerinnen und Staatsdiener der Bundesrepublik Deutschland Mitglieder der
rechtsextremistischen NPD waren, vor allem handelte es sich dabei um Polizisten und Soldaten. Der Staat tolerierte das.
1972 dann beschlossen die Ministerpräsidenten der Länder gemeinsam mit Bundeskanzler Willy Brandt den sogenannten Radikalenerlass. Vor der Einstellung in den Staatsdienst richteten die Einstellungsbehörden nun eine „Regelanfrage“ an die Ämter für Verfassungsschutz. Ausschlusskriterium für die Aufnahme in den öffentlichen Dienst war die Mitgliedschaft in einer als „verfassungsfeindlich“ eingestuften Partei oder Vereinigung, aber auch die Beteiligung an einer Demonstration oder einer politischen Hochschulveranstaltung konnte wirksam werden. Obwohl sich der Radikalenerlass gegen Aktivistinnen und Aktivisten aller politischen Orientierungen richten sollte, wurden faktisch fast ausschließlich „Linke“ entweder nicht in den Staatsdienst aufgenommen oder sogar aus ihm entfernt. Der kalte Krieg wirkte hier ebenso wie der RAF-Terrorismus. Vor 40 Jahren, 1979, modifizierte die SPD/FDP-geführte Bundesregierung den Erlass mit den „Grundsätzen für die Prüfung der Verfassungstreue“. Anfragen bei Verfassungsschutzbehörden setzten jetzt Verdachtsmomente bei Beamtenbewerber(-innen) voraus. Die SPD-geführten Länder wandten die neuen Richtlinien an, die CDU-Länder hielten dagegen an der Regelanfrage fest, Bayern führte sie noch 1991 durch. Bis heute dauert die Diskussion um die Aufarbeitung der Folgen des Radikalenerlasses an.
Mehr finden Sie hier.
Die Parlamentarische Versammlung des Europarates verabschiedet die „Declaration on the Police“
Demokratie ohne Freiheit ist unmöglich, Freiheit ohne Sicherheit ist es ebenso. Dass die Polizei in diesem komplexen Beziehungsgeflecht eine ganz besondere Rolle spielt, wissen auch die Abgeordneten der Parlamentarischen Versammlung des Europarates sehr genau. Ihre am 8. Mai 1979 verabschiedete „Declaration on the police“ macht sich zum Ziel, den Status und die ethischen Pflichten von Polizeien in demokratischen Rechtsstaaten zu bestimmen. Mit deutlichen Worten heißt es hier: Das „europäische System zum Schutz der Menschenrechte“ würde verbessert, wenn es „allgemein anerkannte Regeln für die Berufsethik der Polizei gäbe, welche den Prinzipien der Menschenrechte und der Grundfreiheiten Rechnung tragen“. Polizistinnen und Polizisten seien für ihre Amtshandlungen persönlich verantwortlich, müssten sich umgekehrt aber auch auf die „aktive, moralische und materielle Unterstützung der Gemeinschaft, welcher sie dienen“, verlassen können.
Die Parlamentarische Versammlung ist eines der beiden Hauptorgane des 1949 gegründeten Europarates, einer eigenständigen, nicht mit dem Rat der Europäischen Union oder dem Europäischen Rat zu verwechselnden überstaatlichen Einrichtung. Die „Erklärung über die Polizei“ verstand sie als Orientierungshilfe für die Entwicklung einer verbindenden und verbindlichen Berufsethik für Polizeien in ganz Europa. Sie möchten den genauen Wortlaut der „Declaration on the Police“ von 1979 kennenlernen? In unserer Rubrik „Gut zu wissen“, finden Sie ihn.
Kinderpornografie im Internet beschäftigt die Polizei NRW schon lange. Die ständige Konferenz der Innenminister der Länder stellt im Mai 1998 fest, dass sie zur Bekämpfung von Kinderpornografie eine "anlassunabhängige polizeiliche Informationserhebung" im Internet benötigt. Laut Beschluss vom 19./20.11.1998 übernimmt das BKA als zentrale Stelle diese Aufgabe und leitet Erkenntnisse an zuständige Behörden - auch im Ausland - weiter. Am 5.10.1998 beschließen die EU-Außenminister die möglichst rasche Erarbeitung eines Aktionsplans zur weltweiten Bekämpfung der Kinderpornografie.
Verdachtsbezogene Ermittlungen werden im Jahr 1999 durch 49 von 50 Kreispolizeibehörden (die Wasserschutzpolizei Duisburg ist ausgenommen) und das LKA vorgenommen. Bald verfügen alle 49 Behörden über mindestens einen Internetzugang für diese Ermittlungen. In dreitägigen Seminaren werden am Polizeifortbildungsinstitut Neuss Polizeibeamte/-innen (Beginn 1997) zu den rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen geschult. Der Stand im Januar 1999: 91 Teilnehmer/-innen aus 39 Behörden konnten sich fortbilden.
Die aktuell gültige EU-Richtlinie und den Link zu den Infos des BKA finden Sie unter "Gut zu wissen".
Der Neubau des Landeskriminalamtes an der Völklinger Strasse in Düsseldorf wird 1969 fertiggestellt. Ein Sonderheft der Streife informiert über die technischen Neuerungen.
1969 gibt es bei der Polizei NRW 2.000 offene Stellen. Am 4.2.1969 stimmt der Innenminister der Landes Willi Weyer einem Werbewettbewerb zu (Aktion 3000). Für die erfolgreichsten Werber aus den Reihen der Polizei werden Preise ausgesetzt, u.a. 20 8-tägige Bahnreisen nach München oder 20 5-tägige Flugreisen nach Berlin. Der Erfolg: Zwischen April und Oktober 1969 gingen über Teilnahmekarten 584 Bewerbungen ein. Von den 485 berücksichtigungsfähigen Bewerbern wurden 40% eingestellt (Quelle: die Streife 10/1969).
Die Polizeibehörde Hamm wirbt erstmals auf einer Schlagerveranstaltung für den Polizeiberuf. Am 8. Juli 1969 werden in Essen 250 lebensältere Bewerber vereidigt. 1966 hatte schon das Polizeipräsidium Köln "Weyerlinge" eingestellt. mehr im Historischen Fenster.
Fotos: Quellen unter Literatur oder in der Downloaddatei zum Kalender